Ergebnis der Berufungsverhandlung zum "Pankower Urteil"

Bereits vor dem Gebäude des Landgerichts mahnten zahlreiche von Fassadendämmung betroffene Mieter an, dass die aktuelle Gesetzeslage geändert und die Duldungspflicht für völlig unwirtschaftliche Modernisierungsmaßnahmen abgeschafft werden müssen. Viele Interessierte mussten vor dem vollen Gerichtssaal das Ende der Verhandlung abwarten. Das Interesse der Medien war groß und wir hoffen, dass dieses Thema in der Öffentlichkeit weiter publik wird.

 

Wie vielleicht zu erwarten war, hat sich die Richterin Frau Paschke in der Verhandlung keine "Blöße" gegeben. Während bei der Frage der Mieter-eigenen Gasetagenheizung vs. neue Gaszentralheizung ein Gutachten zum Nachweis der Energieeinsparung angefordert wurde (Mieter ist dabei in der Beweispflicht), wurde bei der Frage der Fassadendämmung auf die Gesetzeslage verwiesen.

 

Man argumentierte mit der Duldungspflicht des Mieters gegenüber dieser energetischen Maßnahme, Zitat:

 

Die Anbringung einer Wärmedämmung sei offensichtlich eine vom Gesetzgeber gewünschte energetische Maßnahme und damit eine Wohnwertverbesserung mit der Folge der Duldungspflicht.

 

Hier die Pressemitteilung des Landgerichts zur Verhandlung.

 

Es wurde auf den Willen des Gesetzgebers (Politik) verwiesen und darauf, dass hier (vor Gericht) nur geltendes Recht angewendet werden könne. Jegliche Sachargumente, die sowohl die extreme Unwirtschaftlichkeit dieser Maßnahme für die Mieter, als auch die Frage der energetischen Gesamtbilanz anbrachten, wurden als politisch und sozial eingestuft. Mit diesen Forderungen solle man sich an die Politik wenden. Gesamtgesellschaftliche Probleme spielen vor Gericht keine Rolle.

 

Weshalb argumentiert das Gericht so deutlich mit dem Willen des Gesetzgebers, beachtet aber den im Gesetz dokumentierten Willen nicht?

 

Gesetz zur Einsparung von Energie in Gebäuden (Energieeinsparungsgesetz – EnEG)

 

§ 5 Gemeinsame Voraussetzungen für Rechtsverordnungen

 

(1) Die in den Rechtsverordnungen nach den §§ 1 bis 4 aufgestellten Anforderungen müssen nach dem Stand der Technik erfüllbar und für Gebäude gleicher Art und Nutzung wirtschaftlich vertretbar sein. Anforderungen gelten als wirtschaftlich vertretbar, wenn generell die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können. Bei bestehenden Gebäuden ist die noch zu erwartende Nutzungsdauer zu berücksichtigen.

 

(2) In den Rechtsverordnungen ist vorzusehen, dass auf Antrag von den Anforderungen befreit werden kann, soweit diese im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen.

 

Das Landgericht sieht offenbar keine Möglichkeit, die Ungleichbehandlung von Eigentümern und Mietern aufzulösen und den Wirtschaftlichkeitsparagraph der EnEV (§25) auch für Mieter geltend anzuwenden, was hier lediglich eine Gleichbehandlung von Eigentümern und Mietern bedeuten würde. Das Landgericht folgte dahingehend nicht der Argumentation des Amtsgerichts und hält die "Gewährung von Ausnahmen nicht auf den Mieter übertragbar, da dieser nicht selbst verpflichtet werde". Man attestiert jedoch eine "mangelnde Regelungslücke", welche die Anwendung dieser Regelung auf den Mieter angeblich unzulässig mache. Letztlich hält man also an der Ungleichbehandlung von Eigentümern und Mietern - zu Ungunsten der Mieter - fest.

 

Natürlich hätte die Richterin aufgrund der vorgetragenen Sachargumente anders argumentieren können, denn Möglichkeiten dazu gab es.

 

Bezug genommen wurde auf das Mietrechtsänderungsgesetz vom 1. Mai 2013, das noch vor dem Regierungswechsel 2013 vom schwarz-gelben "Kabinett Merkel II" verabschiedet wurde und mit dem sich die Gesetzeslage für Mieter bei energetischen Modernisierungen deutlich verschlechtert hat. Es wurde ein regelrechtes "Zwangsgesetz" geschaffen, dass Mietern jegliche Möglichkeit des Einwands gegenüber energetischen Modernisierungsmaßnahmen nimmt.

 

Hinsichtlich der Dämmung wurde von der Anwältin der Mietpartei ein Antrag eingereicht, der eine Revision bei Aufrechterhaltung der Duldungspflicht zulässt. Dem Antrag wurde stattgegeben, d.h. es kann in die nächste Instanz gehen, sofern kein Vergleich stattfindet.

 

Neben der Fassadendämmung ging es auch um den Austausch der Holzkastendoppelfenster und des Gasherdes. Das Argument eines reduzierten Lichteinfalls beim Austausch von Holzkastendoppelfenstern gegen PVC – Fenstern wurde mit der Begründung abgewiesen, dass dann ja gar keine Fenster mehr ausgetauscht werden könnten. Die Verdunklung sei nur eine Annahme und wäre gar nicht so. Die Begründung der Beklagten, dass beim Kochen mit Strom im Vergleich zu Gas mit wesentlich höherem Energieverbrauch und Kosten zu rechnen ist, wurde ignoriert. Es sei Geschmackssache, ob man lieber mit Strom oder Gas koche.

Solche subjektiven Äußerungen der Richterin empfanden die Betroffenen als empörend.

 

Die Verkündung einer Entscheidung des Gerichts wurde für den 6. November 2015, 12:00 Uhr festgelegt.