Mit allen Mitteln - Gewobag kündigt fristlos bei legaler gewerblicher Nutzung der Wohnadresse


Christoph Baumgarten ist einer der letzten Mieter des Hauses in der Schönhauser Allee 102, welches vor knapp drei Jahren von der Gewobag aufgekauft wurde. Davor wechselten jedes Jahr die Hausverwaltungen. Nach einem Jahr bekamen die Mieter eine Modernisierungsankündigung „Wir wollen, dass Sie schöner Wohnen“, hieß es da. Die Mieter wurden in die Prenzlauer „Mieterberatung“ eingeladen. Der Vortrag war sehr ernüchternd. Zunächst wurde den Mietern mitgeteilt, dass ihnen der Milieuschutz ohnehin nicht helfen würde, da alle Maßnahmen innerhalb der Möglichkeiten der Modernisierungsmaßnahmen ausgereizt wurden. Dann begann das bekannte Programm: Druck, viele ungebetene Telefonate und immer wieder Drohungen, dass das Sozialplanverfahren eingestellt werden würde, wenn die Mieter nicht unterschreiben.

 

Von 32 Mietparteien sind aktuell nur noch acht übrig. Die Bauarbeiten sind im vollen Gange. Nun aber greift die Gewobag zu grenzwertigen Mitteln: Sie hat einen Anwalt angestellt, der das Netz nach den Namen der verbleibenden Mieter und eventuell gewerblichen oder freiberuflichen Inhalten durchforstet.

Bei zwei Mietern im Haus hatte er schon Erfolg:

 

Der Mieter Frank Holm hat eine Abmahnung bekommen, weil er einen Branchenbucheintrag im Netz hat, den er selber nicht mal gemacht hat (diese Dienste suchen sich teilweise den Content selber, auch aus Printprodukten). Er hat eine Abmahnung deswegen bekommen. Auch waren noch Namen seiner ehemaligen Untermieter auf dem Briefkasten und ihm wurde illegale Untervermietung vorgeworfen. Dies entspricht aber nicht den Tatsachen - er wohnt allein.

Christoph Baumgarten hat eine Abmahnung wegen seiner Webseite bekommen, dort stand die Schönhauser Allee 102 im Impressum. Die Abmahnung liegt uns vor.

 

Eine weitere Gewobag-Mieterin aus der Raumerstraße wohnt seit über 30 Jahren in ihrer Wohnung. Auch sie ist freiberuflich tätig und hat ihre Adresse im Impressum angegeben. Ihr wurde die fristlose Kündigung übersendet.

 

Der Witz dabei: Nichts davon ist illegal. Solange man keine Laufkundschaft hat, darf man seine Privatadresse angeben. Die Gewerbe sind die lebenswichtigen Einnahmequellen der Mieter, also das Fundament ihrer Existenz. "Dass die Gewobag dieses Fundament im Zuge der Zwangsluxusmodernisierung angreift, ist für uns Mieter extrem hart", so Christoph Baumgarten. Die Gewobag habe nun eindeutig eine Grenze überschritten.


 

Update, 30.04.2015:


Berliner Kurier:

Späher machen Jagd auf unliebsame Mieter

http://www.berliner-kurier.de/kiez-stadt/vorwurf--zweckentfremdung-spaeher-machen-jagd--auf-unliebsame-mieter,7169128,30564176.html